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Wann handelt jemand als falsus procurator?
Welche Rechtsfolgen treten ein?
Überschreitet der Stellvertreter (gewollt oder ungewollt) eine existente, aber betragsmäßig oder sachlich beschränkte Vollmacht, so handelt er als falsus procurator, also als Vertreter ohne Vollmacht.
Vollmachtloses Handeln des Stellvertreters im Namen des Geschäftsherrn ggü dem Dritten kann den Geschäftsherrn ggü dem Dritten weder unmittelbar berechtigen noch verpflichten. Die vom Vertreter im Namen des Geschäftsherrn ohne (ausreichende) Vollmacht vorgenommene Rechtshandlung ist für den Geschäftsherrn daher unverbindlich. Das RG ist aber nicht absolut nichtig, sondern schwebend unwirksam. Das RG kann aber durch den Geschäftsherrn durch 2 Möglichkeiten rückwirkend genehmigt werden.
Was sind die Prüfschritte für Vertretung ohne Vollmacht?
- Vertretung ohne Vollmacht
- → Schwebend unwirksames Rechtsgeschäft
- rückwirkende Genehmigung
- durch Willenserklärung iSd § 863 ABGB oder
- durch Vorteilszuwendung iSd § 1016 ABGB
bei Ausbleiben einer Genehmigung → RG ist ungültig und der Dritte hat Rückforderungsansprüche bzgl seiner Leistung; Haftung des falsus procurator haftet dem Dritten ggü den Vertrauensschaden
Ist der Dritte an die Erklärung gegenüber dem falsus procurator gebunden?
Ja, aber er kann analog § 865 (5) ABGB dem Geschäftsherrn eine Frist zur Genehmigung setzen, nach deren Ablauf der Vertrag unwirksam wird
- damit wird auch die Schwebe beseitigt
Was ist die Rechtsfolge für den von der Vollmacht gedeckten Teil des Geschäfts, wenn der Vertreter seine Vollmacht überschritten hat?
- Der von der Vollmacht gedeckte Teil des Geschäfts ist wirksam, wenn das Geschäft teilbar ist
- gem § 878 ABGB entscheidet primär der Parteiwille
- im Zweifel ist die Restgültigkeit analog zu § 878 S2 ABGB anzunehmen
Wie kann der Geschäftsherr das schwebend unwirksame Geschäft wirksam machen?
- Rückwirkend auf den Vertragsschlusszeitpunkt mittels:
- Willenserklärung nach § 863 ABGB
- oder durch Vorteilszuwendung iSd § 1016 ABGB
Wie funktioniert die nachträgliche Genehmigung durch Willenserklärung?
iSd § 863 ABGB durch den Geschäfftsherrn entweder
- gegenüber dem falsus procurator
- oder gegenüber dem Geschäftspartner
Wann gilt Schweigen des Geschäftsherrn als nachträgliche Genehmigung?
Nur, wenn den Geschäftsherrn eine Redepflicht trifft
Was sind die Voraussetzungen für die Genehmigung durch Vorteilszuwendung?
Was ist die Rechtsgrundlage?
Vorteilszuwendung iSd § 1016 ABGB kommt in Betracht wenn der Geschäftsherr
- vom vollmachtlosen Geschäft wusste,
- den Inhalt des Rechtsgeschäfts kannte und
- wusste, dass der Vorteil, den er sich zuwendet, von diesem Rechtsgeschäft stammt (= Genehmigungswille)
Was muss der Geschäftsherr neben der Zuwendungshandlung noch haben?
- Vertragsabschluss- bzw Genehmigungswillen im Zeitpunkt der Zuwendung
Ist die Vorteilszuwendung zugangsbedürftig?
Nein, es ist eine Willensbetätigung, daher kommt es auf Kenntnis des Dritten oder Scheinvertreters nicht an.
Wie kann die Genehmigung durch Willenserklärung erfolgen?
Diese kann nachträglich entweder
- ggü dem falsus procurator oder
- ggü dem Geschäftspartner erfolgen.
Wie kann der Dritte Leistungen zurückfordern, wenn der Geschäftsherr das Geschäft nicht genehmigt?
- vindizieren gem § 366 ABGB
- bereicherungsrechtlich kondizieren gem § 1431 ABGB
Wann haftet der falsus procurator gegenüber dem Dritten?
Wie haftet er ggü dem Dritten? Was ist die Rechtsgrundlage?
Bleibt eine nachträgliche Genehmigung des Geschäftsherrn aus, erlischt der Schwebezustand und das RG kommt nicht zustande. Es stellt sich die Frage nach der Haftung des falsus procurators.
Wer als Vertreter eines anderen im rechtsgeschäftlichen Verkehr auftritt, hat seine Vollmacht zu prüfen und den Geschäftspartner über deren Nichtbestehen oder diesbezügliche Zweifel über die Reichweite der Vollmacht aufzuklären. Unterlässt der Vertreter diese Kontrolle schuldhaft, so haftet er dem Dritten ggü für den Vertrauensschaden nach § 1019 ABGB.
Der Vertrauensschaden ist gem § 1019 S 2 ABGB der Höhe nach auf das hypothetisches Erfüllungsinteresse des Dritten begrenzt.
Wie haftet der falsus procurator wenn der Dritte den Vollmachtsmangel kennen musste/kannte?
- Dritter musste Vollmachtmangel kennen: ihn trifft Mitverschulden und es kommt zur Schadensteilung gem § 1304 ABGB
- Dritter kannte Vollmachtsmangel: er ist nicht schutzbedürftig, weswegen der falsus procurator gar nicht haftet
Wie haftet der falsus procurator gegenüber dem Geschäftsherrn?
Was ist die Rechtsgrundlage?
Vertrauensschaden begrenzt durch hypothetisches Erfüllungsinteresse
- Rechtsgrundlage: § 1009, § 1012, § 1040 ABGB
Wie sehen die Prüfungsschritte aus, wenn eine nachträgliche Genehmigung des Geschäftsherrn ausbleibt?
(1) (Teil)Ungültigkeit des RG bei Handeln ohne Vollmacht
- Ungültigkeit: Rechtshandlung des Vertreters ist für Geschäftsherr ggü Dritten unverbindlich
- Teilgültigkeit: Hat Vertreter seine Vollmacht überschritten, so ist der von der Vollmacht gedeckte Teil des Geschäftes wirksam, wenn und soweit dieses Geschäft teilbar ist
(2) Rückforderungsansprüche bei Nichtgenehmigung
- Hat Dritte Leistungen bereits an den "Geschäftsherrn" erbracht, so kann der Dritte seine Sachen vom "Geschäftsherrn" vindizieren oder kodizieren → weder derivativer noch originärer Eigentumserwerb kommt zustande (erforderliche Titel fehlt)
(3) Haftung des falsus procurator
- Vorliegen eines Schadens
- Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens
- Kausalität des rechtswidrigen Verhaltens iSd Äquivalenztheorie
- Schuldhaftes Verhalten des Schädigers (Vorsatz, Fahrlässigkeit)
Wie kann der Schwebezustand eines Rechtsgeschäfts vom Geschäftsherrn beseitigt werden?
Das schwebend unwirksame Geschäft kann nach freien Belieben rückwirkend auf den Vertragsschlusszeitpunkt durch
- ausdrückliche oder konkludente Willenserklärung iSd § 863 ABGB ODER
- durch Vorteilszuwendung iSd § 1016 ABGB (=Willensbetätigung)
nachträglich genehmigt werden.
Was ist der Vertrauensschaden?
= all jene Schäden, die der Dritte nicht erlitten hätte, wenn der Scheinvertreter über den Vollmachtsmangel pflichtgemäß aufgeklärt hätte, sodass sich der Dritte nicht auf die Gültigkeit der Vollmacht und damit des Geschäftes verlassen hätte
Wenn der Vertrauensschaden den Betrag übersteigt, den der Dritte bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages gewonnen hätte (Wert der erhaltenen Leistung minus eigener Wert), wird der Ersatzanspruch des Dritten auf das hypothetische Erfüllungsinteresse aus dem unwirksamen Geschäft begrenzt. Diese Begrenzung erfolgt, da der Dritte auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages die darüber hinausgehenden Nachteile selbst hätte tragen müssen.
Was ist Vorteilszuwendung?
= ein Verhalten, mit dem der G ganz oder teilweise jene Rechte in Anspruch nimmt, die ihm nur dann zustehem, wenn er den Vetrag als wirksam anerkennt.
G muss während der Zuwendung auch einen Vertragsabschluss- bzw. Genehmigungswillen haben.
Der Wille von G beruht darauf, das bisher schwebend unwirksame Geschäft trotz der ursprünglichen Überschreitung der Vollmacht durch den Vertreter nun als gültig anzuerkennen.